Passen Mediation und Steuerstreitgkeiten zusammen?

Zur Zeit ist es an Finanzgerichten modern, darauf hinzuweisen, dass sie FinanzrichterInnen, die sogar teilweise ausgebildete Mediatoren (Finanzgericht Köln, Pressemitteilung vom 30.08.2012) oder wenigstens „lebenserfahren“ (Finanzgericht Düsseldorf, Pressemitteilung vom 28.09.2012) sind, zu „Güterichtern“ bestellt haben. Auch aktuelle Veröffentlichungen in der steuerlichen Fachpresse äußern sich positiv zur Mediation im finanzgerichtlichen und dem vorgeschalteten Verfahren. Dabei verwischen die Grenzen zwischen den verschiedenen Konfliktlösungsmethoden in der öffentlichen Wahrnehmung sehr leicht. Hier ist eine deutliche Unterscheidung zwischen Mediation und Güteverhandlung zum besseren öffentlichen Verständnis nach Ansicht des Verfassers notwendig.

Gesetzliche Grundlagen
Das Medationsgesetz selbst sieht keine Mediation im Finanzgerichtsverfahren vor. Im Zuge der Einführung des Mediationsgesetzes wurde allerdings die Zivilprozessordnung geändert, die insoweit auch im Finanzgerichtsverfahren gilt: seitdem kann das zuständige (Finanz-)Gericht die Parteien vor einen hierfür bestimmten sog. Güterichter verweisen, der nicht entscheidungsbefugt ist. Ergänzend kann das (Finanz-)Gericht den Parteien auch eine Mediation außerhalb des Gerichts vorschlagen. Das Gesetz selbst weist also schon sehr deutlich darauf hin, dass es sich hier um ganz verschiedene Methoden zur Konfliktbeilegung handelt.

Der Güterichter ist kein Mediator
Bereits die Bundesjustizministerin, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ am 03.07.2012 sehr deutliche Trennlinien zwischen den verschiedenen Verfahren und Methoden gezogen: „Ein Güterichter ist zuallererst ein Richter und an die Vorgaben der jeweiligen Prozessordnungen gebunden. Er darf deshalb bei den Parteien nicht den Eindruck erwecken, er sei ein Mediator im Sinne des Mediationsgesetzes.“ Damit stellt sich die Frage, ob und in welchen Fällen ein solcher zusätzlicher Richter einen Vorteil für den streitenden Bürger darstellen kann. Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein solcher Güterichter Vorschläge macht, die nicht schon der „normale“ Finanzrichter machen kann.

Der Finanzrichter agiert schlichtend
Nach der Prozesserfahrung des Autors wirken Finanzrichter bereits heute oftmals schlichtend auf beide Parteien ein. Sie geben konkrete Denkanstöße für Einigungsmöglichkeiten an die Parteien und vermitteln so zwischen Bürger und Staat, zwischen Kläger und Beklagtem. Diese Einstellung der Gerichte ist zu begrüßen und führt in zahlreichen Verfahren mit unklarer, mitunter nicht ermittelbarer Sachlage zu sinnvollen Lösungen. Der Finanzrichter ist als Autorität auch von der Finanzbehörde anerkannt, weil sie (als Exekutive) weiß, dass die Judikative sie im gesetzlichen Auftrag der Gewaltenteilung kontrolliert.

Keine Mediation im Steuerverfahren
Der Autor, seit fast 20 Jahren praktizierender und streitbarer Prozess-Steuerberater, hält die Mediation im Steuerverfahren für eine nur theoretische Erscheinung. Die reine Lehre der Mediation verbietet eine Mediation als Methode immer dann, wenn ein großes Machtungleichgewicht zwischen den Parteien herrscht. Genau das liegt im Steuerprozess aber vor. Hier geht es in jedem einzelnen Fall um einen Rechtsstreit zwischen Bürger und Staat. Häufig ist von Steuerberatern zu hören, dass sie schon deshalb nicht zum Finanzprozess raten, weil sie sich davor fürchten, offen mit einemProzessgegner zu streiten, der ihnen jeden Tag (auch in Angelegenheiten anderer Bürger, die sie vertreten oder sogar in eigener Sache) aufs Neue begegnet, mit dessen Einzelfall-Entscheidungen sie sich viele Jahre tagtäglich auseinandersetzen müssen. Aber dieser Aspekt einer dauerhaften Beziehung, der sofort an eine Mediation denken lässt, wiegt nicht schwer genug. Denn nicht der Berater ist der Verfahrensbeteiligte (und ggf. Mediant), sondern sein Mandant, der Bürger. Als Prozessvertreter muss der Steuerberater unabhängig von solchen Überlegungen allein für seinen Mandanten Partei ergreifen.

Das Steuerverfahren ist Verhandlungssituation
Im Steuerverfahren gelten für die Parteien vielmehr die allgemeinen Verhandlungsgrundsätze. Hier sollte sich der fachkundige Steuerberater im Interesse seiner Mandanten die entscheidenden Fragen stellen: Ist die Finanzbehörde an einer Präzendenzentscheidung interessiert? Möchte sie ihr eigenes (Fehl-?) Verhalten während des außergerichtlichen Verfahrens vor Gericht beurteilt sehen? Ist der Finanzverwaltung daran gelegen, solches Verhalten später in Fachaufsätzen öffentlich gemacht zu sehen? Scheut das zuständige Finanzamt den mit einem Finanzprozess und einer umfangreichen Beweisaufnahme verbundenen Verwaltungsaufwand? Lässt sich eine sog. tatsächliche Verständigung über einen unklaren Sachverhalt treffen? Das ist nämlich auch vor dem Finanzgericht noch möglich.

Fazit
Zwar vermitteln Finanzrichter schon heute im Finanzprozess zwischen den streitenden Parteien. Und dies ist aus Praktikersicht auch uneingeschränkt zu begrüßen. Die besondere Gemengelage im Steuerprozess (mächtiger Staat, klagender Bürger) stört und behindert aber wesentliche Elemente der Mediation. Obwohl ich ein begeisterter Anhänger des Mediationsgedankens bin, halte ich die Mediaton deshalb für eine im Finanzgerichtsverfahren ungeeignete Methode.

Bildquelle: © arahan – Fotolia.com

Mediation im Finanzgerichtsprozess?

Der streitbare Steuerberater löst auch Konflikte zwischen Gesellschaftern.

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